Tagungsbeitrag
Gallistl, Bernhard:
ANGELICI TEMPLI. Kultgeschichtlicher Kontext und Verortung der Hildesheimer Bronzetür
Die Inschrift der Hildesheimer Bronzetür nennt mit dem Jahr der Aufhängung 1015 auch den Bestimmungsort an der Abteikirche von St. Michael. „ANGELICUM TEMPLUM“ ist in allen parallelen Belegstellen die Bezeichnung für ein Heiligtum unter dem Patrozinium der Engel und ihres Anführers Michael. Der Hildesheimer Dom hat die Gottesmutter Maria zur Hautpatronin. Mit Ausnahme eines 1378 errichteten Seitenaltars für den Erzengel Michael ist dort kein Engelspatrozinium nachweisbar.
Bernwards Abtei St. Michael dagegen stand von Anfang an unter dem Hauptpatrozinium des Erzengels Michael und aller Engel. Bei der ersten Gründung vom 10. September 996 hatte sich hier vor Bernwards Augen das Wunder ereignet, dass ihm ein Engel eine Partikel des heiligen Kreuzes vom Himmel herab brachte. Bevor Bischof Godehard im Jahr 1035 die Türflügel seines Vorgängers Bernward an den neuerrichteten Westriegel des Doms versetzen ließ, hatte sich diese also an der Abteikirche von St. Michael befunden.
Als Bernward im Jahr 1015 die Krypta von St. Michael weihte, bestand bereits der heutige Haupteingang neben dem südwestlichen Treppenturm und dem Grundstein von 1010. Vor diesem Eingang befinden sich Fundamentreste einer Vorhalle.
Dr. Bernhard Gallistl, Studium der Klassischen Philologie in Freiburg i. Br. und Würzburg, Promotion 1979 in Zürich bei Walter Burkert mit dem Dissertationsthema „Teireisias in den Bakchen des Euripides“. Referendariat für den Höheren Bibliotheksdienst in Wolfenbüttel und Köln. 1982 Zweites Staatsexamen. 1983 bis 2013 Handschriftenbibliothekar an der Dombibliothek Hildesheim. 1986/87 im Auftrag des Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft an der Villa Vigoni, Loveno di Menaggio. Lehraufträge an der StiftungsUniversität Hildesheim und an der HAWK Hildesheim. Forschungsthemen: Antike Religion, mittelalterliche Sakralkunst, Hagiologie, Kodikologie.