Tagungsbeitrag
Ruf, Susanne:
St. Michaelis in Lüneburg – Ein Benediktinerkloster als Memorialort im Spannungsfeld von Stadt- und Landesherrschaft
Vom 10. Jahrhundert bis 1370 bestanden auf dem Kalkberg vor Lüneburg in enger Verbindung eine Burg und ein Kloster mit der Grablege von Billungern und Welfen. Auch nach der Gründung von St. Blasius in Braunschweig wurde das Totengedenken für die Welfen in Lüneburg fortgeführt, wie die im 13. Jahrhundert aufgezeichneten Necrologien und Memorienbücher bezeugen. Infolge heftiger Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Landesherren wurden Burg und Kloster 1371 von Lüneburger Bürgern geschliffen. Was wie ein symbolischer Befreiungsakt erscheint, erfolgte jedoch nicht unüberlegt. Die diplomatische Überlieferung zeigt vorab eine Sicherstellung der klösterlichen Privilegien und Regelungen für die Unterbringung der Klosterangehörigen und die Bergung und Verwahrung der Kirchenausstattung.
Der Kirchenneubau von St. Michaelis zog sich über zwei Generationen hin bis 1432/34, als auch die Bestimmung als welfische Fürstengruft durch Stiftungen Herzog Bernhards I. von Braunschweig und Lüneburg erneuert wurde. Parallel entstand die „Goldene Tafel“ für den Hochaltar (Exkursionsziel in Hannover).
In dem Vortrag soll der Neubau in seinen Formen und Funktionen analysiert und hinsichtlich der historischen Bezüge zu Stadt- und Landesherrschaft interpretiert werden.
Dr. Susanne Ruf, Studium der Kunstgeschichte und Evangelischen Theologie in Marburg an der Lahn, 2010 Promotion an der Universität Stuttgart („Die Stiftungen der Familie Hardenrath an St. Maria im Kapitol zu Köln (um 1460 bis 1630).“). 2012–2013 Stipendiatin der Fritz-Thyssen-Stiftung für Wissenschaftsförderung Köln. 2013 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im ERC-Project “Foundations in medieval societies. Cross-cultural comparisons” (Humboldt-Universität Berlin). Freiberufliche Tätigkeit in der Denkmälerinventarisation und als wissenschaftliche Autorin. Schwerpunkte ihrer Forschungen sind Bau- und Ausstattungsgeschichte von Kirchen und Klöstern des Mittelalters sowie Sachzeugnisse der Memoria.