Tagungsbeitrag
Arnold, Thorsten; Rüber-Schütte, Elisabeth:
Unberührt – Ein romanisches Wandmalereifragment in der ehem. Benediktinerklosterkirche Huysburg im Spannungsfeld von Baugeschichte, Stilkritik, Materialanalytik und Konservierung
1995 wurden bei Baumaßnahmen in dem nördlich von Halberstadt gelegenen Benediktinerkloster Huysburg Reste einer vermauerten Apsismalerei aufgedeckt, die in das vierte Jahrzehnt oder in die Mitte des 13. Jahrhunderts zu datieren sind. Sie gehören zu einer Kapellenanlage aus dem 11. Jahrhundert. Wesentliche Teile dieser Kapelle blieben auch beim Neubau der heutigen, 1121 geweihten Basilika bestehen und wurden als östlicher Annex liturgisch und funktional integriert.
Die Wandmalereien geben in der Kalotte den Ansatz einer Gloriole, die von einem Engel gehalten wird, und eine stehende männliche Heiligenfigur wieder. Das zentrale Bildmotiv ist aufgrund des fragmentarischen Zustandes nicht mehr ablesbar, es könnte sich aber um eine Himmelfahrtsdarstellung handeln. Von den unterhalb der Kalotte angeordneten Heiligendarstellungen in Rundbogenarkaden haben sich nur die inschriftlich bezeichneten Heiligen Blasius und Kunigunde erhalten. Letztere erscheint damit in einer sehr frühen Darstellung.
Die romanischen Wandmalereien auf dem nur 1,5 qm großen Fragment sind in ihrem maltechnischen Aufbau hervorragend erhalten. An den nahezu unberührten Oberflächen fanden anlässlich der dringend notwendigen Konservierung und einer damit verbundenen restauratorischen Befunderhebung detaillierte naturwissenschaftliche Untersuchungen statt. Die dabei identifizierten Malmittel und die Maltechnik weisen auf eine Genre übergreifende Malweise mit deutlichen Bezügen zur mittelalterlichen Quellenschrift „Schedula Diversarium Artium“ des Benediktinermönches Theophilus.
Die Malerei ist in den Kunstkreis des nördlichen Harzvorlandes einzuordnen, wenngleich keine direkten Parallelen aufgezeigt werden können. Sie bereichern unsere Kenntnisse über das herausragende künstlerische Schaffen im Bistum Halberstadt und Harzumland während des 13. Jahrhunderts. Darüber hinaus liefern sie einen weiteren Mosaikstein für die Vielfalt und Verbreitung des einzigartigen Phänomens Zackenstil und werfen ein Schlaglicht auf Traditionen und Innovationen, künstlerischen Austausch und individuelle Ausdrucksmöglichkeiten.
Dipl.-Restaurator (FH) Torsten Arnold; 1988-94 Steinmetzlehre und Restaurierungspraktika; 1994-1998 Studium der Restaurierung/Konservierung von Wandmalerei und Steinobjekten in Köln, Torun (Polen) und Dresden; Freiberuflichkeit bis 2007 mit Arbeitsschwerpunkten Wandmalerei und Architekturfassung, Stein, mittelalterlicher Stuck; seit 2007 Restaurator am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle/S.
Dr. phil. Elisabeth Rüber-Schütte, Studium der Kunstgeschichte, Christlichen Archäologie und Romanistik in Bonn, München und Wien; seit 1994 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle/S.; seit 2011 Abteilungsleiterin der Bau- und Kunstdenkmalpflege; Lehrbeauftragte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Studiengang Restaurierung; Mitglied von ICOMOS.