Tagungsbeitrag
Höhl, Claudia:
„Ipsa enim est porta“. Mariologische Aspekte auf dem Bilderzyklus der Bernwardtür
Auf der Bernwardtür setzt bereits die Auswahl der neutestamentlichen Szenen, von denen fünf die Gottesmutter zeigen, einen deutlichen mariologischen Schwerpunkt. Das Programm des rechten Türflügels wird von diesen Bildern dominiert. Besonders die Eva-Maria Antithese ist bekanntlich eindrucksvoll inszeniert. Rücken an Rücken thronen Eva und Maria in direkter Gegenüberstellung, ein Motiv, das eng mit dem Bildprogramm des Widmungsbildes im Kostbaren Evangeliar zusammengeht. Der als Beischrift und Erläuterung der Miniatur zitierte Text greift die bereits im 8. Jahrhundert entstandene Sequenz „Ave maris stella“ auf. In der zweiten Strophe wird Maria selbst nicht nur als neue Eva, sondern selbst als „porta coeli“ angesprochen. Auf der Grundlage der Ausdeutungen der Gottesmutterschaft in der Theologie der Karolingerzeit und ihren Umsetzungen in den liturgischen Texten können die mariologischen Vorstellungen Bernwards bis in die die Gestaltung der Einzelszenen mit ihren z.T. ungewöhnlichen Einzelmotiven nachverfolgt werden.
Dr. Claudia Höhl studierte Kunstgeschichte, Klassische und Christliche Archäologie sowie Mittelalterliche Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und an der Freien Universität Berlin. 1994 erfolgte die Promotion mit einer Arbeit zum Thema „Ottonische Buchmalerei in Prüm“. Seit 2003 ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Dommuseum Hildesheim tätig, seit 2010 hat sie einen Lehrauftrag für das Fach Kunstgeschichte an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim inne, seit 2015 ist sie außerdem Lehrbeauftragte für Mittlere Kirchengeschichte an der Universität Hildesheim.