Conference paper
Hofmann, Henriette:
Sinnpotenzialität und Prozess. Erprobung eines dynamischen Verhältnisses von Bild und Rahmen im Bildsystem der Hildesheimer Bronzetür
Rahmungen sind ein maßgebendes Element mittelalterlicher Bildsysteme. Bemerkenswert sind die Vielfalt ihrer Erscheinungsformen und Funktionen.
Das Rahmensystem der Bernwardstür ist im Vergleich zur Rahmengestaltung anderer Bildsysteme schlicht. Kein aufwändiges Profil oder Ornament schmückt die schmalen Rahmenbänder. Abgesehen von der Inschrift bleiben die Oberflächen glatt. Diese Zurückgenommenheit bezeugt jedoch nicht ein mangelndes Gespür für das Potenzial der Rahmung. Verschiedene Eigenschaften des Rahmensystems legen vielmehr nahe, dass die spezifische Gestalt der Rahmungen und das Verhältnis zwischen Rahmung und Bild ganz gezielt und erfindungsreich auf zentrale Anforderungen und Aussageabsichten des Bildsystems der Bronzetür abgestimmt sind. Die Schlichtheit der Rahmungen etwa erlaubt es dem Betrachter, dem Werk mit einem auf die dargestellten Szenen konzentrierten Blick zu begegnen, der zumindest dann angenommen werden muss, wenn die komplexen inhaltlichen und formalen Analogien der typologisch angelegten Bilderzählung erkannt werden sollen.
Die Rahmenbildungen der Bronzetür regen somit auch zu grundsätzlichen den Rahmen in der mittelalterlichen Kunst betreffenden Fragen an, etwa, ob der Rahmen als ein Element begriffen werden kann, das die Art und Weise des Schauens anleiten soll.
Zugleich zeugt die Bernwardstür von einer wohl durchdachten Einbindung des Rahmensystems in die Aussagenvermittlung. Der Beitrag wird somit auch nach dem semantischen Potenzial von Rahmungen fragen und versuchen zu zeigen, in welch komplexen Strukturen bildliches Darstellen in Hildesheim Anfang des elften Jahrhunderts erfolgte.