Conference paper

Weilandt, Gerhard:

Bamberger Reiter und Fürstenportal des Bamberger Domes im szenischen Kontext. Eine Standortstudie

Über den Bamberger Reiter ist schon so viel geschrieben worden, dass eine Neu-Behandlung auf den ersten Blick überflüssig erscheint. Im Zuge der Arbeit an dem Inventarband des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege bin ich jedoch auf Schriftquellen gestoßen, die teils unbekannt waren, teils einer neuen Interpretation bedürfen, die ein neues Licht auf die Identität des Dargestellten werfen. Die sich daraus ergebende Benennung – es handelt sich um Heinrich II. – ist weder neu noch für den Kenner erstaunlich, doch gibt es nun neue Argumente für die sichere Identifizierung.
Doch steht der Name des Reiters nicht im Zentrum des hier vorgeschlagenen Vortrags. Vielmehr wird sein jetziger Standort, der durch die Forschungen von Achim Hubel und seinen Schülern endgültig als original gelten kann, zum Ausgangspunkt genommen, die Figur des Reiters in die komplexe Binnentopographie des Bamberger Domes und in das ikonographische Konzept insbesondere des Fürstenportals einzubetten. Der Reiter erweist sich als Teil eines sorgfältig durchkomponierten szenischen Kontextes, bei dem das Hindurchgehen des Herrschers durch das Weltgericht des Fürstenportals, sein Einreiten in die symbolische Himmelsstadt des Bamberger Domes und sein Blick auf das Kaisergrab in der Mitte des Domes einen Schlüssel zur Interpretation liefern können.

Durch die Neuinterpretation werden bislang ungeklärte ikonographische Details des Fürstenportals ebenso wie des Reiters, etwa die Bartlosigkeit des Herrschers, die bislang immer als Argument gegen die Identifizierung mit Heinrich II. angeführt wurde, erklärbar. Der hier erkennbare Einsatz von Bewegungen und Gesten zur Charakterisierung des Herrschers und zur inhaltlichen Deutung der Figur ist eine epochale Neuerung in der mittelalterlichen Skulptur, die später von der Bildhauergruppe um den sog. Naumburger Meister wieder aufgenommen wurde, sicher in Abhängigkeit von Bamberg.


Prof. Dr. Gerhard Weilandt, geb. 1957 in Hagen/Westfalen, Schulbesuch in Duisburg; 1976–1983 Studium der Geschichte und Kunstgeschichte in Bonn und München; 1989 Promotion Universität Bonn im Hauptfach Geschichte; die Arbeit wurde gefördert durch ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes; 1990 bis 1994 tätig als DFG-Stipendiat am Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, konzeptionelle und organisatorische Mitarbeit am Ausstellungsprojekt „Meisterwerke massenhaft. Die Bildhauerwerkstatt des Niklaus Weckmann und die Malerei in Ulm um 1500“; 1995-2004 wissenschaftlicher Angestellter beim DFG-Forschungsprojekt „Fränkische Tafelmalerei. Die Werkstätten von Hans Pleydenwurff und Michael Wolgemut“; 2004 Habilitation Technische Universität Berlin im Fach Kunstgeschichte; 2004/5 und 2007/8 viersemestrige Gastprofessur Karl-Franzens-Universität Graz; 2008/09 Vertretungsprofessur Universität Kassel; 2009 Gastforscher am Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) an der Universität Leipzig; 2009/10 Vertretungsprofessur Universität Heidelberg; Juni 2009: Ruf auf den Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte der Universität Greifswald, angenommen zum Sommersemester 2011; ab 2004 internationale Vortragstätigkeit, u.a. in USA (Society of Architectural Historians, International Congress on Medieval Studies), Großbritannien (Courtauld Institute, London), Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz.