Conference paper
Houbart, Claudine; Hallot, Pierre:
May digital tools help preserve the material and evocative value of fragments? The case of Victor Horta’s Hôtel Aubecq in Brussels.
In 1950, fifty years after its construction began, the fate of Hotel Aubecq, one of Victor Horta's Art Nouveau masterpieces, was sealed by real estate speculation. Although the demolition was met with general indifference, the architect's widow and one of his last collaborators obtained a subsidy to ensure that the main façade was dismantled and not demolished. During the second half of the twentieth century, the 600 stones, as well as the frames and ironworks, were moved several times. Their fate periodically gave rise to debate, but it was not until the 21st century that an exhibition was devoted to them. In 2011, the remains were exhibited in a shed, in the form of a flat anastylosis, after having been the subject of a 3D survey. In 2019, the new museum of contemporary art currently being developed, KANAL BRUT, exhibited a choice of 16 stones arranged on an orthogonal grid, as a way of opening up the field of possibilities for their assessment.
Our research on this fascinating question began with a workshop organized with a group of students and including all those involved in the project. The experience made us aware of the potential contribution, but also of the limits of digital tools for the utilization of such fragments. On the one hand, the existence of a digital clone may help develop two opposed utilization choices at the same time: reconstruction – desired by the public – and preservation of the fragmentary state, which bears in itself very strong scientific and evocative values. But on the other hand, the evolution of technologies since the initial scan, in terms of completeness and accuracy, and the gap between the current representation objectives and those of the initial documentation criteria raise difficult technical questions.
Können digitale Rekonstruktionswerkzeuge dazu beitragen, den materiellen und evokativen Wert der Fragmente zu erhalten? Der Fall von Victor Hortas Hôtel Aubecq in Brüssel
1950, fünfzig Jahre nach Baubeginn, wurde das Schicksal des Hotel Aubecq, eines der Meisterwerke des Jugendstils von Victor Horta, durch Grundstücksspekulationen besiegelt. Obwohl der Abriss auf allgemeine Gleichgültigkeit stieß, erhielten die Witwe des Architekten und einer seiner letzten Mitarbeiter eine Subvention, um sicherzustellen, dass die Hauptfassade demontiert und nicht abgerissen wurde. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurden die sichergestellten 600 Steine sowie das Tragwerk und die Schmiedearbeiten mehrmals versetzt. Ihr Schicksal gab regelmäßig Anlass zu Diskussionen, aber erst im 21. Jahrhundert wurde ihnen eine Ausstellung gewidmet. Im Jahr 2011 wurden die Überreste in einem Lagerraum in Form einer flachen Anastylosis ausgestellt, nachdem sie Gegenstand einer 3D-Vermessung gewesen waren. Im Jahr 2019 stellte das neue Museum für zeitgenössische Kunst, das sich derzeit im Aufbau befindet, KANAL BRUT, eine Auswahl von 16 Steinen aus, die auf einem orthogonalen Raster angeordnet sind, um so das Potenzial für ihre Nutzbarmachung zu erschließen.
Unsere Forschungen zu dieser faszinierenden Frage begannen mit einem Workshop, der mit einer Gruppe von Studenten organisiert wurde und an dem alle Akteure des Projekts teilnahmen. Die Erfahrung machte uns den potenziellen Beitrag, aber auch die Grenzen der digitalen Werkzeuge für die Nutzbarmachung solcher Fragmente bewusst. Einerseits kann die Existenz eines digitalen Klons dazu beitragen, zwei gegensätzliche Entscheidungen zur Nutzbarmachung gleichzeitig zu treffen: die Rekonstruktion - die von der Öffentlichkeit gewünscht wird - und die Erhaltung des fragmentarischen Zustands - der in sich sehr starke wissenschaftliche und evokative Werte trägt. Andererseits werfen die Entwicklung der Technologien seit dem ersten Scan in Bezug auf Vollständigkeit und Genauigkeit sowie die Kluft zwischen den aktuellen Darstellungszielen und den ursprünglichen Dokumentationskriterien schwierige technische Fragen auf.
Prof. Dr.-Ing. Claudine Houbart M.A. ist Architektin und Kunsthistorikerin mit einem Master in Denkmalpflege und einer Promotion in den Ingenieurwissenschaften. Sie ist Professorin an der Fakultät für Architektur der Universität Liège (Belgien).